Majestätisch erhebt sich die beeindruckende Pointe du Raz (bretonisch Beg ar Raz) 70 Meter über das tosende Meer am westlichsten Zipfel des Cap-Sizuns. Wild braust das Meer um die Felsen der Spitze; nur die wagemutigsten und erfahrensten Fischer wagen sich mit dem Boot durch die Meerenge zwischen der Pointe und dem Leuchtturm „Phare de la Vieille“, der auf den sich unter Wasser fortsetzenden Felsen der Landspitze tront. Hier reicht das Amorikanische Gebirge seinen westlichsten Punkt.
Das Seegebiet vor der Halbinsel gilt als eines der gefährlichsten – viele Seeleute mussten ihr Leben lassen, weil sie von Sturm und Wellen auf Untiefen getrieben wurden und ihre Boote untergingen. Man nennt die lanzenförmige Felsspitze daher auch das Kap Horn Europas.
In etwa 8 km Entfernung liegt die Insel Sein und es kommt nicht von ungefähr, dass ein bretonisches Sprichwort sagt: „Qui voit Sein, voit sa fin“ (Wer Sein sieht, sieht sein Ende). 8 Meter Wasser zwischen Ebbe und Flut: Zwischen Hoch- und Niedrigwasser drängt sich der Ozean mit unbändiger Kraft und mit mahlstromähnlichen Wirbeln zwischen der Spitze, den 1000 Felsen und Inselchen und der Ile de Sein hindurch. Alte Seekarten, in denen noch die Wracks eingezeichnet sind, zeigen die riesigen Schiffsfriedhof. Und dann noch der Wind gegen die Strömung: ein Hexenkessel!
Auf der Nordseite haben sich Strudellöcher im Meer gebildet, weshalb dieser Bereich auch die „Hölle von Plogoff“ genannt wird. Wehe dem, der in einen der Strudel hineingerät. In die Strudellöcher stürzte die legendäre Prinzessin Dahud ihre Liebhaber, wenn sie sie nicht mehr amüsierten. Dahud war die Tochter von Gradlon, dem König, der ihr die prächtige Stadt Ys bauen ließ und diese Stadt durch Deiche und Schleusen vor dem Meer schütze. Die Stadtschlüssel hütete der König wie seinen Augapfel, doch die lasterhafte Tochter stahl ihm die Schlüssel, um sie einem ihrer Liebhaber zu geben. Der Liebhaber öffnete die Tore und das Wasser strömte in die Stadt. Die ungestüme Tochter, die beinahe noch ihren Vater umbrachte, in dem sie sich hinter ihm auf sein vor den Fluten flüchtendes Pferd schwang, versank schließlich in den Fluten. Der König wurde durch den Heiligen St. Gwennole gerettet. Seit dieser Zeit begegnen Fischer noch manchmal der Königstochter, die nun unter dem Meer lebt und in einem Schwarm großer Fische umherzieht. Bei ruhiger See können die Fischer angeblich auch die Stadt Ys mit ihren Mauern, Palästen und Kirchen erkennen und das traurige Geläut ihrer Glocken hören. Zu gewissen Zeiten öffnet sich die Stadt den Menschen, und wenn es jemandem gelänge, einem der Bewohner von Ys etwas abzukaufen, dann würde die Stadt wieder auftauchen. Und »wenn der Tag der Auferstehung für KerYs gekommen ist, wird der Erste, der die Turmspitze der Kirche erblickt und den Klang ihrer Glocken vernimmt, König der Stadt und all ihrer Ländereien«
Die Pointe du Raz und ihre Umgebung gehört zu den zwar kärgsten, aber auch schönsten und sagenumwobensten Gebieten der Bretagne. Bei einer Wanderung um die Spitze bieten sich einzigartige Ausblicke auf die westliche Küste: Crozon, die Bucht von Douarnenez und dem dahinter aufragenden Menez-hom. Das komplette Gebiet ist ein Naturschutzgebiet mit vielen Wanderwegen.
Der Besuch der Pointe ist auf jeden Fall ein Muss, wenn man hier Urlaub macht. Man kann die Pointe erwandern oder in den Sommermonaten bequem mit dem Bus zur Spitze fahren. In jedem Falle erwartet Sie ein beeindruckender Anblick der Weiten des Atlantiks.
Übrigens: Auf französisch spricht man das Z in Raz nicht mit (Ra!), auf bretonisch aber schon (Ras). Das Wort Raz ist ursprünglich ein Wort der Wikinger, die die Normandie überfallen haben. Der Wortstamm ist der gleiche wie von unserem Wort „rasen“. Und aus der Normandie ist das Wort auf das Cap-Sizun getragen worden. Hier passt es auch, denn wenn man oben auf dem Felsen steht und die Strömung unten im Meer beobachtet, dann weiß man, warum das Ende von Cap-Sizun nach einer schnellen, besonders heftigen Meeresströmung benannt wurde.
Ausgangspunkt ist das Besucherzentrum am Ende der D784 in Plogoff. Hier gibt es auch ein paar Cafés für eine Erfrischung nach dem Ausflug und ein paar Souvenirläden. Achtung: Der Parkplatz ist in den Sommermonaten kostenpflichtig. Es gibt keine anderen Parkmöglichkeiten, es sei denn, man wandert von der Baie de Tréspassés hinauf (ein wunderschöner Panorama-Weg, sehr zu empfehlen, etwa 1 Stunde Wanderzeit, bergauf mit sehr steilen Abhängen zum Meer)
Empfehlung: Ich empfehle Ihnen das kleine Café Monsieur Papier, ein paar Hundert Meter vor dem offiziellen Besucherzentrum. Dieses Café hat eine tolle Sicht auf das Meer, eine wunderschöne Terrasse, selbst gebackene Kuchen und ein kleines Geschäft mit Kunsthandwerk aus Papier (wie der Name ja schon sagt). www.monsieurpapier.fr
Führung: Falls Sie eine Führung über die Pointe Dur Raz machen wollen, fragen Sie nach dem Guide Antoine Marhic, er spricht perfekt deutsch und wird Ihnen alles Wissenswerte über diesen magischen Ort erzählen. Sie können den Guide buchen über www.pointeduraz.fr oder unter folgender Telefonnummer:
0033 (0) 67647489