Phare Eckmuehl

Leuchttürme: Die Kathedralen des Meeres

Hölle, Fegefeuer oder Paradies? Die Bretonen unterschieden ihre Leuchttürme in diesen drei Kategorien. In die Kategorie „Hölle“ fallen alle die Leuchttürme, die auf kleinen Felsen direkt und ungeschützt im Atlantik stehen, dem Wind und den Wellen schutzlos ausgeliefert.Im Fegefeuer stehen die Leuchttürme, die auf kleineren Inseln stehen, die einen gewissen Komfort bieten: Platz für den Gemüseanbau, vielleicht sogar für eine Schafszucht.Das Paradies steht für alle Leuchttürme, die auf großen Inseln oder sogar auf dem Festland stehen, wo die Leuchtturmwärter ein ganz normales Berufs- und Familienleben führen können bzw. konnten, denn die meisten Leuchttürme sind heutzutage gar nicht mehr bemannt. Die Kategorisierung, die natürlich überhaupt nichts mit der offziellen Klassifierzung zu tun haben, blieb aber unverändert bestehen. Oft taten die Leuchtturmwärter 10 bis 15 Jahre ihren Dienst auf den „bösen“ Türmen, bevor sie ins Paradies versetzt wurden.

Die Männer waren oft wochenlang abgeschnitten, ohne frische Nahrung, ohne Verbindung mit dem Festland, umtobt von Sturm, der die Mauern zum Zittern brachte und die Gischt bis über die Laternenkuppel fegte. Noel Fouquet musste auf Ar-Men vor der Insel Sein 101 Tage ausharren, bevor man ihn vom Turm holen konnte…

Zwanzig der hundertzwanzig Höllen-Leuchttürme Frankreichs stehen vor der Küste der Bretagne, „Freunde und Helfer“ der Seefahrer, denn die Gewässer vor der Küste Finistères sind ebenso berüchtigt wie das Kap Hoorn, der felszerklüftete Saum Westeuropas gilt als rieseiger Schiffsfriedhof. Früher, bevor Leuchttürme, Heulbojen und Signaltonnen den Schiffen den Weg wiesen, bekreuzigten sich Kapitän und Mannschaft bei Einbruch der Dunkelheit, wenn sie den Raz de Sein oder die Iroise – hier direkt vor der Haustür – passieren mussten.

Es gibt Leuchttürme, die als „verhext“ gelten. So zum Beispiel der Turm auf der Felseninsel Tévennec im Raz de Sein, von der Baie de Trépassés gut zu sehen. Schon die Arbeiter, die den Turm 1870 bauten, berichteten, dass auf der Insel Geister ihr Unwesen trieben. Der erste Leuchtturmwärter, der 1874 seinen Dienst antrat, bat bereits nach kurzer Zeit um Ablösung: Nacht für Nacht höre er entsetzliche Schreie: „Kers huit! Kers huit!“ – bretonisch für „Geh weg von hier!“.

Sein Nachfolger verlor wegen dieser Schreie fast seinen Verstand. Ein Priester, der von Plogoff hinüber fuhr und den Felsen segnete, konnte auch nicht helfen, das Eiland blieb verhext: „Kers huit! Kers huit“. Schließlich warf ein Ingenieur Sprengladungen in Höhlen und Felsspalten, dann hörten die Schreie auf. Das „Kers huit“ waren die Schreie der Möwen, die dort nisteten.

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